Der Baha'i-Glaube als Antwort auf Menschheitsprobleme
von Dr. Peter K h a n1 1. �fter als einmal hat der H�ter dargelegt, wie sehr es den Bahá'í not tut, die
Lehren ihres Glaubens zu den zeitgen�ssischen Gedanken und Problemen in
Beziehung zu setzen. Z.B. schreibt er �ber die Art der Baha'i-Gelehrsamkeit,
welche die Entwicklung des Glaubens heutzutage erfordert:
��Die Sache braucht mehr Baha'i-Gelehrte, Menschen, die ihr nicht nur ergeben
sind, an sie glauben und bem�ht sind, anderen davon zu erz�hlen, sondern die auch
die Lehren und deren Bedeutung von Grund auf erfassen und die Glaubensinhalte zu
den zeitgen�ssischen Gedanken und Problemen der Menschen in Beziehung setzen.
K�nnen.��Wenn die Bahá'í die Sache mit wirklichem Erfolg lehren wollen, m�ssen sie viel
besser unterrichtet und bef�higt sein, die heutige Lage der Welt und ihre Probleme
intelligent, ja intellektuell, zu diskutieren. Wir brauchen Baha'i-Gelehrte, nicht nur
Menschen, die weitgehende, tiefe Kenntnis von der Bedeutung usnere Lehren
haben, sondern auch gut belesene, hochgebildete Menschen, die unsere Lehren mit
den zeitgen�ssischen Gedanken der Gesellschaft und ihrer Tr�ger in Beziehung
bringen zu k�nnen.Mit anderen Worten: Wir Bahá'í sollten uns mit Wissen r�sten, um unsere
Glaubenswahrheiten besondere den gebildeten Klassen besser darlegen zu
k�nnen.�Eindeutig steht diese Form der Baha'i-Gelehrsamkeit allen Gl�ubigen, unAbhangig
von ihrem Hintergrund, ihrem Wohnsitz oder ihrer` Bildung offen. Ihr Ziel ist es,
Bahá'í hervorzubringen, die auf wirksame Weise darstellen k�nnen, dass die
dr�ngenden Probleme der Menschen um uns her nur durch die Anwendung der
Baha'i-Lehren gr�ndlich und dauerhaft gel�st werden k�nnen.
Nach den Baha'i-Schriften sind die Schwierigkeiten unserer Zeit Symptome eines
Grundproblems, der Uneinigkeit. Diese ist nur durch die geistige Verwandlung des
Menschenherzens und der Gesellschaft zu l�sen, wie sie der Baha'i-Glaube ins Auge
fasst. Um die Wahrheit dieser Offenbarung f�r andere attraktiv zu machen, m�ssen
wir aufzeigen k�nnen, wie die Lehren auf die N�te des Zeitalters anwendbar sind.
Vor einigen Jahren rief das Universale Haus der Gerechtigkeit auf zur "F�rderung
von Baha'i-Gelehrsamkeit, damit eine zunehmende Anzahl von Gl�ubigen f�hig wird,
die Probleme der Menschheit in jedem Teilbereich genau zu untersuchen und
aufzuzeigen, wie die Baha'i-Lehren sie l�sen.�Dieser Aufsatz soll einige der vielen Wege zeigen, wie die Lehren auf die
Gegenwartsprobleme anzuwenden sind.Eine Schwierigkeit bei vielen Zeitfragen ist, dass sie unter parteipolitischen
Gesichtspunkten vorgetragen und im allgemeinen auf dieser Grundlage analysiert
werden. Wenn die Bahá'í solche Fragen aufgreifen, laufen sie Gefahr, unwillk�rlich in
eine parteipolitische Diskussion zu geraten, die den irrigen Eindruck vermitteln
k�nnte, dass die Baha'i-Lehren den Zugang der einen Partei zum Problem dem einer
anderen vorziehen. Auch der H�ter sah sich bei seinen Botschaften �ber die
Weltordnung Bahá'u'lláhs �hnlichen Schwierigkeiten gegen�ber. Seine L�sung des
Problems wird in dem folgenden Auszug aus einem Brief in seinem Auftrag
beschrieben:�Es gibt jedoch eine M�glichkeit, die soziale und politische Ordnung der Gegenwart
zu kritisieren, ohne sich zwangsl�ufig einem der herrschenden Regimes
anzuschlie�en oder zu widersetzen. Das ist die Methode, die Shoghi Effendi in seiner
Botschaft �Das Ziel: die neue Weltordnung� angewandt hat. Seine Kritik an den
Verh�ltnissen in der Welt ist sehr allgemein und abstrakt, d.h., statt bestehende
Institutionen zu verurteilen, geht sie tiefer und analysiert die zugrundeliegenden
Ideen und Vorstellungen, die zur Errichtung dieser Institutionen gef�hrt haben.�
Einen �hnlichen Zugang zeigt die Erkl�rung "Die Verhei�ung des Weltfriedens", die
das Universale Haus der Gerechtigkeit an die V�lker der Welt richtete. Sie analysiert
die Zust�nde in der Welt tiefgreifend, legt Grundfragen offen und vermeidet ebenso
strikt wie sorgf�ltig alle parteipolitischen Kommentare.
Eine M�glichkeit, die N�te der Zeit anzusprechen, ist die Beratung einer Baha'i-
Gruppe �ber den nachstehenden Fragenkatalog:(1) Welche Menschheitsprobleme ber�hren die Menschen unseres Umfeldes in
besonderem Ma�e?(2) Wie k�nnen diese Probleme von Grund auf, jenseits oberfl�chlicher
Parteipolitik, so analysiert werden, dass ihre tiefsten Wurzeln zutage treten?
(3) Welche Baha'i-Lehren sind f�r diese Fragen von Bedeutung?
(4) Wie kann diese Analyse dazu verwendet werden, Mittel zur Darstellung des
Baha'i-Glaubens in solcher Weise zu entwickeln, dass die Menschen die
Bedeutung der Baha'i-Lehren f�r ihre gegenw�rtigen N�te, die Wirksamkeit
des Glaubens bei der L�sung ihrer eigenen Probleme erkennen?
Nat�rlich kann jeder Gl�ubige bei seinen pers�nlichen Problemen in �hnlicher Weise
vorgehen.Es gibt jedoch gewisse Voraussetzungen als Schl�ssel f�r die erfolgreiche
Anwendung dieser Methode. Wir m�ssen den Geschehnissen in der Welt unsere
volle Aufmerksamkeit zuwenden, d.h., wir �m�ssen viel besser unterrichtet und
bef�higt sein, die heutige Lage der Welt und ihre Probleme intelligent, ja intellektuell
zu diskutieren�.Diese Aufmerksamkeit f�r die Weltereignisse der Gegenwart sollte eingebettet sein in
das Baha'i-Verst�ndnis der weltweiten politischen und gesellschaftlichen
Entwicklung, wie es der H�ter in seinen Botschaften zur Weltordnung Bahá'u'lláhs, in
"Der verhei�ene Tag ist gekommen" und anderen Werken ausgearbeitet hat: die
gleichzeitige Beschleunigung des zweifachen Prozesses der Integration und des
Niedergangs, die Spaltung zwischen liberalen und konservativen Anh�ngern
�berholter Doktrinen und Ideologien, die weite Verbreitung des Geistes eines neuen
Zeitalters in der ganzen Welt, erg�nzend zu seinem geballten Ausdruck in der Arbeit
der Baha'i-Institutionen, die Langzeitfolgen des Vers�umnisses, auf Bahá'u'lláhs
Proklamation im Neunzehnten Jahrhundert zu antworten, und anderes mehr.
Eine gr�ndliche Kenntnis der Baha'i-Lehren ist erforderlich, um den Glauben wirksam
zu den Tagesproblemen in Beziehung zu setzen. Die logische Folge ist, da( der oben
beschriebene Zugang dazu motiviert, die Lehren tiefer zu durchforschen, und daD er
den Prozess der Vertiefung "schMirzarei" macht. Einsicht in die menschliche Natur
ist vonn�ten, damit wir entscheiden, wie die g�ttliche Arznei den Menschen dieser
Welt am besten verabreicht werden kann, ohne dass sie utopisch, oberfl�chlich,
scheinheilig oder starr zu sein scheint.Der geschilderte Zugang kann durch viele Beispiele aus dem Tagesgeschehen
illustriert werden. Drei davon wollen wir aufgreifen, als Beispiel daf�r, wie tiefere
Zusammenh�nge herausgesch�lt werden k�nnen:Die Diskussion �ber diesen ungl�ckseligen St�rfall stand gro�enteils im Zeichen
der Machtpolitik und der gegenseitigen Beschuldigungen. Eine Analyse des
Ereignisses kann jedoch dazu f�hren, die Aufmerksamkeit auf folgende
Grundprobleme zu lenken:1. Es gibt schwere Probleme, die die Grenzen der Nationalstaaten �berschreiten
(in diesem Fall die Verbreitung radioaktiver Verseuchung) und mit den
bestehenden nationalen Rechtssystemen nicht mehr in den Griff zu
bekommen sind.2. Es gibt Katastrophen, deren Umfang die Hilfsmittel selbst einer starken Nation
�bersteigen (z. B. die medizinische Ausr�stung und Erfahrung zur Behandlung
der Opfer) und die eine alle politische Gegnerschaft �berschreitende
internationale Zusammenarbeit erzwingen.3. Die modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse er�ffnen gegens�tzliche
Anwendungsm�glichkeiten, entweder f�r segensreiche Vorhaben oder als
Schadensquellen in einem Ausma�, das in vergangenen Zeiten nie f�r
m�glich gehalten worden w�re.4. Menschliche Werte wie die Bewahrung des Lebens m�ssen bei der Planung
hochentwickelter Techniken ausschlaggebende Faktoren weCden, weit mehr
als mechanische Wirksamkeit, gr��tm�glicher Aussto�~ oder
geringstm�gliche Kosten.5. Hoch einzusch�tzen sind die psychischen Wirkungen der Furcht vor
Langzeitfolgen kaum wahrnehmbarer Gefahren (z. B. m�gliche
krebserzeugende und genetische Folgen der Strahlung, die erst nach
Jahrzehnten auftreten k�nnen).6. Der einzelne von Gegenwartsgefahren Betroffene f�hlt sich hilflos und
unf�hig, irgendetwas zur Verbesserung seiner Lage zu tun.
Die Baha'i-Lehren haben zu jedem dieser Punkte viel zu sagen, sei es
unmittelbar im Wortlaut oder indirekt mit den Zielen der Weltordnung Bahá'u'lláhs
und der Baha'i-Vorstellung vom wahren Sinn des Lebens.
1. Der Internationale TerrorismusMit der Verst�rkung terroristischer Aktivit�ten, vor allem in Europa und im Nahen
Osten, kommt es zu einer wachsenden Massenunruhe, die sich vornehmlich in
tagespolitischen Aussagen Luft macht, aber sehr wohl auf tiefere Fragen gelenkt
werden k�nnte, z.B. die folgenden:1. Kann es Zwecke geben, die alle Mittel heiligen?
2. Wenn die politischen und sozialen Strukturen dieser Welt unverr�ckbar
scheinen und mit friedlichen Mitteln nicht ver�ndert werden k�nnen, darf man
sich dann zu radikalen, gewaltsamen Aktionen gezwungen sehen, um
Ver�nderungen herbeizuf�hren?3. Wie steht es um ein Feindbild, das alle, die radikale Ziele nicht unterst�tzen,
als aktive oder passive Gegner betrachtet, so dass man den Tod anscheinend
unschuldiger Zuschauer damit rechtfertigt, dass sie Teil des Problems seien,
weil sie die radikale Sache nicht aktiv mittragen?
4. Die Marxisten interpretieren historischen Wandel als Ergebnis eines
dialektischen Konflikts zwischen wesenhaft entgegengesetzte/
gesellschaftlichen Kr�ften.5. Oft ist die Bindung an die Angeh�rigen derselben Minderheit, Klasse oder
Familie so stark, dass sie die Bindung an sittliche Werte �bersteigt (was dem
Terroristen ein Netz sicherer Wohnungen als Ausgangspunkt seiner
heimlichen Eins�tze bietet).6. In den gesellschaftlichen und administrativen Beziehungen ist die
Vertrauensw�rdigkeit zusammengebrochen, was sich z. B. in der
Bestechlichkeit von Beamten und im Missbrauch diplomatischer Privilegien
zeigt.Die Baha'i-Moralvorstellung, die Universalit�t unserer Idee eines aufrechten
Verhaltens, die Baha'i-Betrachtungsweise der geschichtlichen Entwicklung und
die Vorkehrungen der Weltordnung Bahá'u'lláhs f�r einen friedvollen Wandel - all
das hat Bezug auf die hier angesprochenen Probleme.
C. Der Zusammenbruch der DemokratieIn den letzten Jahren wurden mehr und mehr V�lker von der Arbeitsweise ihrer
mehr oder weniger auf demokratische Vorstellungen gegr�ndeten Staatsorgane
entt�uscht. Diese Entwicklung kreist um folgende Probleme:
1. Der demokratische Prozess ist empfindlich gegen den Missbrauch durch
charismatische Politiker, die ausschlie�lich an niedere Instinkte wie Habgier,
Rachsucht oder kurzsichtiges Eigeninteresse appellieren.
2. Geschw�cht wird die Regierungsgewalt, wenn das herk�mmliche
Zweiparteiensystem in ein Vielparteiensystem zerbrochen ist, das auf
engstirnigen konkurrierenden Pressure Groups beruht. Dann kan/ eine kleine
Partei in einer Koalition das Machtgleichgewicht aufrechterhalten und
�berm��igen politischen Einfluss �ben.3. Die Regierungspolitik kann von institutionalisierten Interessen oder m�chtigen,
nichtgew�hlten, staats�hnlichen Kr�ften wie Gewerkschaften oder
multinationalen Unternehmen manipuliert oder kontrolliert sein.
4. Der Niedergang der Ethik und der �ffentlichen Moral f�hrt seuchenartig zu
Bestechlichkeit und zur Pl�nderung des Volksverm�gens durch die vom Volk
gew�hlten F�hrer.5. Die Mehrheit kann ihren Einfluss tyrannisch aus�ben, wenn sie die Rechte
einer Minderheit unterdr�ckt oder ein Mittelma� durchsetzt, das
Nonkonformisten diskriminiert.Die �ffentliche Sorge �ber diese Probleme bietet einen plastischen Hintergrund,
gegen den wir die einzigartigen Charakterz�ge der Weltordnung Bahá'u'lláhs so
darstellen k�nnen, dass deutlich wird, wie dieses gottgeschaffene System die
institutionellen Probleme der heutigen Politik vermeidet.
4. SchlussHier wurde nur einer von vielen m�glichen Zug�ngen zur Anwendung der
Ratschl�ge des H�ters und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit f�r die
Analyse der Gegenwartsprobleme und f�r die Darlegung der Baha'i-Lehren als
Heilmittel gegen diese Probleme geschildert. Zweifellos gibt es noch viele andere
Methoden, wie diese Ratschl�ge befolgt werden k�nnen. Der Zweck der
vorliegenden Arbeit ist lediglich, zu mehr Nachdenken �ber dieses wichtige
Thema anzuregen. So k�nnen viele verschiedene Zug�nge erkannt und
entwickelt werden.aus der indischen Baha'i-Jugendzeitschrift GLORY, Vol. XII, No. 3/1987. Dr. Peter Khan ist Mitglied des
Universalen Hauses der GerechtigkeitAus einem Brief vom 21. Okt. 1943 im Auftrag Shoghi Effendis an einen Gl�ubigen
aus einem Brief vom 5. Juli 1949 im Auftrag Shoghi Effendis an einen Gl�ubigen
aus einem Brief vom 19. Januar 1983 im Auftrag des Universalen Hauses der Gerechtigkeit an einen Gl�ubigen
aus einem Brief vom 2. M�rz 1934 im Auftrag Shoghi Effendis an einen Gl�ubigen
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